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Hart oder weich - ferromagnetische Materialien

Sättigungsmagnetisierung, Koerzitivfeldstärke und Remanenz

In den vorangegangenen Kapiteln haben wir an vielen Stellen gesehen, dass die Magnetisierung von Materialien von deren Aufbau abhängt. Neben den Atomen, aus denen das betreffende Material aufgebaut ist, haben wir auch den Einfluss der räumlichen Anordnung von äußerem Magnetfeld und Kristallgitter als maßgebend erkannt. Wie schlagen sich die unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften in der Hysteresekurve nieder?
Als die drei markanten Größen der Hysteresekurve haben wir die Sättigungsmagnetisierung, die Koerzitivfeldstärke und die Remanenz kennen gelernt. Ausschlaggebend für den Wert der Flussdichte am Punkt der Sättigungsmagnetisierung ist die Stärke und Dichte der Elementarmagnete in dem jeweiligen Material. Je mehr Elementarmagnete sich in einem Raumvolumen befinden und je stärker der einzelne Magnet, um so höher ist das von diesen Magneten in Summe erzeugte Magnetfeld, sobald alle Magnete parallel zueinander ausgerichtet sind, was im Punkt der Sättigungsmagnetisierung der Fall ist.
Die Remanenz ist zusätzlich zur Stärke der einzelnen Spins und deren Dichte von der Ausrichtung des Kristallgitters zu dem externem Magnetfeld abhängig. Entscheidend ist hier, wie viele der Elementarmagnete nach Abschalten des externen Magnetfeldes parallel oder in einem kleinen Winkel zu dem ehemaligen Feld verharren. Besonders viele Spins bleiben in dieser Anordnung, wenn eine Achse des Kristallgitters mit der Achse des Magnetfeldes zusammenfällt. Wenn diese Elementarmagnete zusätzlich besonders stark sind, erhält man ein Material mit hoher Remanenz. Sind die einzelnen Kristallgitter der Körner in ihrer Achse bevorzugt angeordnet (im Idealfall betrachtet man einen Einkristall), ist die Remanenz nicht nur vom Material selbst abhängig, sondern zusätzlich noch von dem durch Kristallgitter und externem Magnetfeld gebildeten Winkel.
Die Koerzitivfeldstärke hängt wesentlich von der Struktur des Materials ab. Je schwerer diese aus einer einmal eingenommenen Position herauszudrehen sind, um so höher muss das Gegenfeld sein, das genau dieses bewirkt. Wie bereits mehrfach besprochen, sind die Richtungen von Kristallgitter und Magnetfeldlinien ein Kriterium für das auf die Elementarmagnete wirkende Drehmoment. Wie für die Remanenz ist auch für die Koerzitivfeldstärke entscheidend, ob das Material aus vielen kleinen Körnern oder im Extremfall aus einem einzigen Kristall besteht. Um eine hohe Koerzitivfeldstärke zu erreichen, ist hier jedoch der Einkristall im Nachteil! In einem Einkristall beeinflussen sich drehende Magnete ihre Nachbarn unmittelbar und reißen diese in ihrer Drehung mit. Ein umklappender Magnet kann umfallenden Dominosteinen gleich eine regelrechte Lawine auslösen. Gebremst wird eine derartige Kettenreaktion erst an den Korngrenzen, die einem Fangzaun gleichkommen. Ist das Material aus vielen kleinen Körnern aufgebaut, bilden sich nur räumlich stark begrenzte Lawinen aus und die Kettenreaktion wird immer wieder abgebremst. Ebenfalls hinderlich für das Umklappen ganzer Magnetgruppen sind sogenannte Störstellen im Kristallgitter. Diese bestehen aus Einlagerungen von Fremdatomen im Gitter (z. B. Kohlenstoff in Stahllegierungen). Werkstoffe mit hohen Werten für die Koerzitivfeldstärke nennt man magnetisch hart, solche mit niedriger Koerzitivfeldstärke magnetisch weich.

Kurvenverlauf verschiedener ferromagnetischer Stoffe


Hysteresekurve dreier ferromagnetischer Materialien
Abbildung 1:
Hysteresekurve dreier ferromagnetischer Materialien mit annähernd gleichen Werten für die Sättigungsmagnetisierung:
Nehmen wir die bereits besprochene blaue Kurve als Standard, so ergeben sich für die grüne Kurve höhere Werte für Remanenz und Koerzitivfeldstärke. Das Material bleibt also nach Abschalten des externen Magnetfeldes höher Magnetisiert und es wird ein stärkeres externes Feld benötigt, um das Material wieder zu entmagnetisieren. Dieses Material ist also magnetisch härter.
Bei der roten Kurve sind die beiden Werte deutlich niedriger, das Material ist magnetisch weicher. Hier fällt weiterhin auf, das die Steigung der Kurve in den Punkten der Koerzitivfeldstärke (Schnittpunkte mit der x-Achse) deutlich geringer ist als bei den anderen beiden Kurven. Das bedeutet, dass bei einer Erhöhung oder Erniedrigung der Feldstärke um einen Betrag Δx am Punkt der Koerzitivfeldstärke weniger Elementarmagnete ihre Richtung wechseln als bei den anderen beiden Kurven. Bei Kurve Blau und Grün klappen lawinenartig sehr viele Elementarmagnete im Bereich der Koerzitivfeldstärke um.
Um die Elementarmagnete der betrachteten Materialien aus ihrer Ruhelage herauszudrehen, wird Energie benötigt. Diese Vorgänge laufen nicht freiwillig ab, sondern es muss ja ein externes Magnetfeld angelegt werden. Die benötigte Energie zum einmaligen Durchlaufen der Hystereseschleife, also um das Material zweimal vollständig umzumagnetisieren, lässt sich an der Innenfläche, welche die Schleife in dem Graphen bildet, ablesen. Von Rot über Blau nach Grün wird also mehr Energie benötigt, um das jeweilige Material umzumagnetisieren, obwohl alle drei die gleiche Feldstärke zur Sättigungsmagnetisierung benötigen.

Welches Material für welchen Zweck?

Ferromagnetische Materialien werden in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt. Magnete sind nichts anderes als ferromagnetische Materialien, die über eine hohe Remanenz verfügen. Nach Abschalten des äußeren Magnetfeldes verharren viele Spins in der Ausrichtung des ehemaligen Magnetfeldes und bilden damit ein nach Außen mess- und spürbares Magnetfeld. Ein Beispiel ist der Eisennagel, der mit Hilfe eines Permanentmagneten magnetisiert wurde. Als Dauermagnet ist ein derartiger Nagel aber nicht zu gebrauchen, da er sich andererseits allzu leicht wieder ummagnetisieren lässt. Nähert man einen zuvor magnetisierten Eisennagel mit seinem Südpol dem Südpol eines Permanentmagneten, so stoßen sich die beiden "Magnete" nicht voneinander ab, sondern der Eisennagel wird ummagnetisiert, d.h. seine Elementarmagnete klappen um und wo sich zuvor der Südpol des Eisennagels befand, ist nun sein Nordpol. Der Eisennagel wird jetzt von dem Südpol des Permanentmagneten wieder angezogen. Permanentmagnete benötigen eine weitere wichtige Eigenschaft, nämlich eine hohe Koerzitivfeldstärke. Hohe Koerzitivfeldstärke bedeutet, dass die Elementarmagnete erst bei sehr hohen magnetischen Feldstärken aus ihrer Ruhelage kippen. Der magnetisierte Eisennagel wird nämlich anfänglich tatsächlich ein wenig von dem gleichnamigen Pol des Permanentmagneten abgestoßen! Das passiert aber nur in recht großer Entfernung zu dem Permanentmagneten und die entsprechende Kraft ist seeeehr gering. Sobald der Eisennagel weiter an den Permanentmagneten herangebracht wird, ist die Koerzitivfeldstärke erreicht und der Effekt der Ummagnetisierung tritt ein. Die Koerzitivfeldstärke von Permanentmagneten sollte so hoch sein, dass diese im Bereich ihres Einsatzgebietes nie erreicht wird. Entsprechend verbleiben die Elementarmagnete in Position und unter gleichnamigen Polen tritt die abstoßende Kraftwirkung auf den Plan. Wie bereits erwähnt, behindern Einschlüsse im Material das Lawinenartige Umklappen der Elementarmagnete und bewirken daher eine Erhöhung der Koerzitivfeldstärke. Im Gegensatz zu weichem Eisen, besitzt gehärtetes Eisen (=Stahl) viele Einschlüsse aus Kohlenstoff. Die Koerzitivfeldstärke von Stahl ist daher höher als die von Eisen. Stahl war daher ein schon früh verwendeter Werkstoff für Dauermagnete und hat die Bezeichnungen magnetisch hart (=Stahl) und weich (=Weicheisen) geprägt. Heutzutage werden vielfach Samarium-Cobalt oder Neodym-Eisen-Bor Legierungen verwendet. Ausgangsbasis zur Herstellung der Magnete ist ein Pulver der jeweiligen Legierung. Dieses wird in Anwesenheit eines starken äußeren Magnetfeldes in Form gepresst. Dadurch richten sich die Gitter der Pulverkörner parallel zu dem äußeren Magnetfeld aus, was einer hohen Remanenz zu Gute kommt. Dass das Material aus vielen kleinen Körnern besteht, verhindert das lawinenartige Umklappen der Spins und erhöht somit die Koerzitivfeldstärke.
Elektromagnete bestehen aus einer Spule mit einem Kern aus ferromagnetischem Material. Fließt ein Strom durch die Windungen der Spule, erzeugt dieser ein Magnetfeld und die Elementarmagnete des Kernmaterials richten sich entsprechend dem Feld der Spule aus. Der Spulenkern konzentriert das Magnetfeld der Spule auf die Spulenenden. Wird der Stromfluss durch die Spule unterbrochen, soll die Magnetwirkung möglichst vollständig verschwinden. Daher wird hier ein Material mit möglichst geringer Remanenz, also kleiner Restmagnetisierung benötigt. Ein Elektromagnet wird damit zu einem ein- und ausschaltbaren Magneten.
Erwähnt wurde außerdem bereits, dass die Fläche innerhalb der Hysteresekurve die Energie angibt, die benötigt wird, um das Material zweimal vollständig umzumagnetisieren. Wir werden noch sehen, dass zum Bau vieler Elektromotoren, Spulen mit ferromagnetischem Kernmaterial verwendet werden. Während des Betriebs von Elektromotoren werden die Spulen ständig ummagnetisiert. Um die Energie zum Ummagnetisieren des ferromagnetischen Kernmaterials klein zu halten, wird hier also darauf geachtet, dass die Hysteresekurve über eine kleine Fläche verfügt. Wir werden weiter sehen, dass eine hohe Sättigungsmagnetisierung ebenfalls von Vorteil ist und dass Remanenz und Koerzitivfeldstärke klein sein sollten. Die rote Kurve in dem oberen Diagramm ist also für Elektromotore am besten geeignet.

Curie-Temperatur

Bislang haben wir die Elementarmagnete nur unter dem Einfluss von Magnetfeldern betrachtet. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Temperatur. Die Temperatur eines Stoffes ist ein Maß für die mittlere kinetische Energie der Teilchen (Atome, Moleküle, Ionen) aus denen er zusammengesetzt ist. Kinetische Energie haben wir bereits im Kapitel Mechanik als Bewegungsenergie kennen gelernt. Bildlich gesprochen schwingen die Teilchen eines festen Stoffes ständig um ihre Ruhelage. Je höher die Temperatur, um so stärker ist dieses Zittern. Ohne Temperatureinfluss ( =0K ) bildet sich eine statische Ordnung der Elementarmagnete in einem ferromagnetischem Material aus. Gesehen haben wir diesen Vorgang bereits in der Java-Applikation. Wird ein Magnet ein wenig aus seiner Ruhelage herausgedreht und dann wieder losgelassen, wird er in seine Ursprungsposition zurückkehren. Unter dem Einfluss einer geringen Temperatur werden die Elementarmagnete ständig ein wenig aus ihrer Ruhelage herausgedreht, bewegen sich jedoch auch immer wieder in ihre Ruhelage zurück. Wird die Temperatur immer weiter erhöht, ist die Auslenkung irgendwann so stark, dass sich die Elementarmagnete nicht mehr in ihre Ruheposition zurückbewegen können! Zum Einen, weil in dem Zeitraum, den der Magnet benötigen würde, um wieder zurückzuschwingen bereits der nächste Stoß erfolgt ist, zum Anderen weil sich ja auch die Nachbarmagnete thermisch bewegen und der Einfluss ihrer Magnetfelder eine ganz andere Kraftwirkung erzeugt! Ab diesem Temperaturwert kann sich keine magnetische Ordnung mehr herausbilden, die Elemantarmagnete sind zu jedem Zeitpunkt zufällig verteilt. Die zufällige Verteilung bedeutet, dass das Material nach außen keine Magnetisierung mehr zeigt. Die Temperatur, bei der dieser Effekt eintritt, nennt man Curie-Temperatur, benannt nach dem französischen Physiker Pierre Curie.
In der Java-Applikation könnt ihr diesen Effekt nachspielen: Setzt den Wert für "Externes Feld" auf 100% und klickt auf "Start". Wartet nun, bis sich alle Magnete entsprechend dem Feld ausgerichtet haben und setzt dann das externe Feld auf 0%. Ihr seht jetzt den Zustand in einem Dauermagneten bei 0 Kelvin Temperatur. Erhöht nun die Temperatur auf 20% und beobachtet, wie die Magnete zu zittern beginnen. Dabei bewegen sich die Nadeln immer wieder zurück in ihre Ausgangslage. Wenn ihr die Temperatur auf Null zurückregelt, drehen sich alle Magnete wieder in die Position nach Abschalten des Magnetfeldes zurück. Erhöht ihr die Temperatur allerdings weiter auf 50, 80 oder gar 100%, so werdet ihr beim anschließenden "Abkühlen" zurück auf 0% feststellen, dass mehr und mehr Magnetnadeln in unterschiedliche Richtungen zeigen. Das Material wird also zunehmend entmagnetisiert.
Magnetisierte Materialien kann man somit wieder entmagnetisieren, indem man sie auf Temperaturen oberhalb der Curie-Temperatur erhitzt. Umgekehrt sollte man vermeiden, dass Dauermagnete im Betrieb auf Werte nahe dieser Temperatur erhitzt werden.
Viele paramagnetische Materialien sind im Prinzip ferromagnetische Stoffe, deren Curie-Temperatur unterhalb der Raumtemperatur liegt, womit sich keine Ordnung der Spins ausbilden kann. Kühlt man diese ab, beobachtet man auch bei diesen ferromagnetische Eigenschaften.


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