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Energieeinsatz beim Mahlen von Kunststoffen

Das Video zum Mahlen von Kunststoffen


Bauanleitung

Auch bei dem hier zu sehenden Mahlwerk handelt es sich nach wie vor um einen "Proof of Concept" Prototypen mit einem eher unzureichenden Materialdurchsatz. Daher biete ich lediglich eine grobe Nachbauanleitung ohne Teileliste an. Ich werde zu gegebener Zeit eine bessere Version konstuieren, die praxistauglicher ist.

Für experimentierfreudige Zeitgenossen git's die 3D-Dateien zumindest schon einmal als Download Paket. Die Teile sollten aus PET gedruckt werden, da PLA den Temperaturen nicht standhält.

Oberfräse als Mahlwerkzeug
Abbildung 1:
Das Mahlwerk im vorherigen Kapitel befand sich innerhalb einer Erdnuss-Dose. Um mit etwas größeren Rotoren experimentieren zu können, verwende ich im zweiten "Proof of Concept" Prototypen einen Ring aus dem 3D-Drucker mit einer Bodenplatte aus 1mm Stahl und einem Deckel aus 6mm Acrylglas.

Bohrschablone
Abbildung 2:
Zum Bohren der nötigen Löcher habe ich eine Schablone mit einem 3D-Drucker gefertigt.

Rotor Hammermühle
Abbildung 3:
Mit dieser Anordnung habe ich verschiedene Rotoren getestet, die hier zu sehende Variante arbeitet wie eine Hammermühle. Hammermühlen besitzen einen Rotor mit drehbar befestigten Werkzeugen. Treffen diese auf ein Partikel, das am Stator eingeklemmt ist, so wird die kinetische Energie dieses Hammers zum Zerkleinern von Material genutzt. Das System mit Hämmern aus Flacheisen funktioniert im Dauerbetrieb, allerdings mehr als Schleifer denn als Hammer, da die Energie des kleinen Flacheisens zu klein ausfällt, um Pellets zu zerhämmern.

Rotor aus Flacheisen
Abbildung 4:
Am einfachsten anzufertigen und recht gut funktionierend ist der Rotor aus einem Flacheisen mit angeschrägten und gezahnten Enden. Die Statorschrauben sind nicht wie im ersten Video als Spirale ausgeführt und die Lücke zwischen Klinge und Stator ist groß genug, dass ein Pellet locker dazwischen passt. Somit klemmt der Rotor nicht fest, es wird aber dennoch Material abgetragen - nicht nur zwischen Klinge und Partikel, sondern unter hohen Scherkräften auch zwischen zwei oder mehreren Partikeln.

Hammertest

Hammerexperiment zum Zerschmettern von PLA Pellets
Abbildung 5:
Um Stoffe zu zerkleinern, wird Energie benötigt - dabei muss um so mehr Energie eingesetzt werden, je kleiner die Korngröße des Endprodukts ausfallen soll. Wie hoch der Energieeinsatz bei Kunststoffen ist, dazu sind nur wenig Zahlenwerte zu finden - wer gesicherte Werte kennt, darf diese gerne verkünden, am besten mit Quellenangabe.

Ich verwende simple Experimente, um die einzusetzende Energie zumindest abschätzen zu können. Versuchsaufbau Nummer eins wandelt potentielle in kinetische Energie, um diese dann zum Zertrümmern der Materialien einzusetzen: Ein an seinem Stiel mit einem Scharnier befestigter Hammer fällt aus vorgegebener Höhe auf die Materialprobe.

Zerschmetterte Materialien
Abbildung 6:
Versuchsobjekt Nummer 1 ist ein Getreidekorn mit den Abmessungen von etwa 6x4x3mm:
Eine Fallhöhe von nur 2cm reicht vollkommen, um das Korn zu zertrümmern.

Objekt Nummer 2 ist eine Kaffeebohne mit den Abmessungen 10x7x5mm.
Auch hier genügt eine Fallhöhe von weniger als 2cm, um die Bohne zu zertrümmern.
Selbst mehrfaches Fallenlassen aus nur 1cm Höhe zertrümmert die Kaffeebohne mühelos.

Es folgt ein PLA Pellet mit einem Durchmesser von etwa 4-5mm:
Eine Fallhöhe von 2cm hinterlässt auf dem Pellet keine erkennbaren Spuren.
Auch mehrfaches Fallen lassen aus 3cm Höhe bewirkt kein Absplittern von Material.

Als letztes Material folgt ein Stück Glas mit den Abmessungen von etwa 10x10x2mm:
Weniger als 2cm reichen vollkommen aus, um das Material zu zertrümmern.
Wird der Hammer aus dieser Höhe mehrfach fallen gelassen, so entstehen immer kleinere Splitter. Mit Glas habe ich vor einigen Jahren gearbeitet und hier funktionieren die Anfangs schon genannten Hammer- oder Kugelmühlen sehr gut.

Zerschmettertes PLA Pellet
Abbildung 7:
Die "härteste Nuss" in der Versuchsreihe ist also offensichtlich das Kunststoffgranulat bei Zimmertemperatur. PLA wird erst bei sehr tiefen Temperaturen brüchig, in den Mahlprozess muss bei Zimmertemperatur daher viel mehr Energie gesteckt werden, als es bei den anderen hier gezeigten Materialien der Fall ist. Kaffeemühlen sind für Kaffee und Getreidemühlen für Getreide und wer nach dem Lesen dieses Kapitels immer noch glaubt, damit PLA Pellets effektiv zerkleinern zu können: Probiert's aus und schildert eure Ergebnisse.

Der Hammer muss schon aus einer Höhe von etwa 10cm fallen gelassen werden, um ein PLA Pellet zu zertrümmern. Es wird also die fünf- bis zehnfache Energiemenge benötigt, um PLA zu zerkleinern.

Energiebetrachtung beim Hammerexperiment

Hammer auf Waage
Abbildung 8:
Das Hammerexperiment ist gut geeignet, um zu demonstrieren, dass offensichtlich wesentlich mehr Energie benötigt wird, um PLA zu zertrümmern als es bei Kaffeebohnen, Getreidekörnern oder Glas der Fall ist. Welche Energie steckt aber in dem Hammer bei einer gegebenen Fallhöhe?
Um Physik und Mathematik nicht allzu sehr strapazieren zu wollen, nehme ich ein paar Vereinfachungen vor. Das Gesamtgewicht des Hammers beträgt 933g. Nehmen wir also an, davon entfallen 500g auf den Kopf des Hammers und dieser würde aus der gegebenen Höhe auf das zu untersuchende Material fallen.


Mit diesen Vereinfachungen erhalten wir für die potentielle Energie:

Epot = m * g * h

Epot - Potentielle Energie
m - Masse des Hammers (=500g)
h - Fallhöhe

Zum Zertrümmern eines PLA Pellets musste der Hammer aus einer Höhe von 10cm (=0.1m) fallen gelassen werden und hat dabei 5 Bruchstücke erzeugt. Damit wurde eine Energie von:
Epot = 0.5kg * 9.81m/s2 * 0.1m = 0.4905J
eingesetzt, um ein Pellet mit einem Durchmesser von circa 5mm in, sagen wir mal gleich große Teile zu je 2mm Durchmesser zu zerkleinern.

Mit einem einzelnen Pellet von 5mm Durchmesser wurde ein Volumen von:
V = 4/3 * 3.14 * 2.53 = 65mm3
geschreddert. Mit der Dichte von PLA erhalten wir ein Gewicht von:
m = 0.065cm3 * 1.3g/cm3 = 0.0845g
"Kunststoffpulver" mit einer Korngröße von 2mm.

Wieviel derartiges Kunststoffpulver erhalten wir in einer Stunde beim Einsatz von 200W?
Zum Zertrümmern eines Pellets wurde eine Energie von 0.5J benötigt und 200W bedeutet, dass in einer Sekunde 400 Pellets und in einer Stunde etwa 1.5 Millionen Pellets zertrümmert werden können. Mit der Masse von 0.0845g pro Pellet erhalten wir:
m = 15 000 000 * 0.0845g = 127kg

Um 1kg Pellets in 2mm große Körner zu zerschreddern würde lediglich etwa eine halbe Minute in's Lamd ziehen.
Klingt phantastisch, ist aber eine sehr idealisierte Betrachtung. Verluste treten beim Umwandeln von elektrischer Energie in mechanische Energie auf und beim Zerhämmern des Pellets sind keineswegs schön gleich große Bruchstücke entstanden. Ferner kann man den Hammer wohl nur schwerlich 15 Millionen mal in einer Stunde auf jeweils ein Pellet fallen lassen.

Zerschneiden von Kunststoff

Benötigt wird also eine andere Mechanik, welche die Pellets bearbeitet. In Mahlwerken werden die Pellets umhergeschleudert und nach dem Zufallsprinzip von einem Werkzeug zerschlagen oder es wird Material abgeschabt. Daher habe ich weitere Experimente zum Zerschneiden von Kunststoff durchgeführt, um etwas näher an den Energieverbrauch eines guten Mahlwerks kommen zu können.
Kreissäge
Abbildung 9:
Version Nummer 1 ist eine Kreissäge:
Mit dieser wird 6mm starkes Polymethylmetacrylat, kurz PMMA oder Acrylglas geschnitten, allerdings gleich 2 Platten auf einmal, was eine Materialstärke von 12mm ergibt und in gerade einmal 3 bis 4 Sekunden erledigt ist. PLA Platten habe ich leider keine im Keller liegen.
Die Schnittlänge beträgt 80mm und die Schnittbreite etwa 2mm. Die beim Schneiden umgesetzte elektrische Leistung beträgt zwischen 1000 und 1300W.

Rechnungen Energiebedarf Kreissäge
Abbildung 10:
Die Rechnung ergibt somit ein Volumen von 1920mm³ und einen Energiebedarf zwischen 0.8 und 1.4Wh für den Schnitt.
Mit der Dichte 1.18g/cm³ von Acrylglas ergeben sich etwa 2.3g Kunststoffpulver.
Pro Kilogramm beträgt der Energieverbrauch zwischen 347 und etwa 608Wh und es würde etwa eine halbe Stunde in's Land ziehen, bis 1kg Kunststoff zerspant wurde.

Als Endprodukt erhalten wir recht grobe Späne, die für den Extruder ungeeignet erscheinen.

Elektrischer Fliesenschneider
Abbildung 11:
Das nächste Werkzeug ist ein elektrischer Fliesenschneider mit diamantbeschichteter Trennscheibe:
Geschnitten wird damit eine einzelne Platte aus 6mm Acrylglas. Der Schnitt erfolgt über eine Länge von 500mm. Wasserkühlung verhindert, dass der Kunststoff schmilzt. Für den Schnitt vergehen 85 Sekunden. Dabei wird eine elektrische Leistung von etwa 270W umgesetzt. Die Schnittbreite beträgt etwa 2.5mm.

Rechnungen Energiebedarf Fliesenscheider
Abbildung 12:
Die Rechnung ergibt somit ein Volumen von 7500mm³, was nicht ganz 9g Kunststoffpulver entspricht und einen Energiebedarf von 6.4Wh für den Schnitt.
Per Dreisatz erhalten wir einen Energieverbrauch von 711Wh/kg und mit dem Fliesenschneider würden mehr als zweieinhalb Stunden benötigt, um 1kg Plastikpulver zu gewinnen.

Das Endprodukt ist zumindest ein sehr feines Pulver.




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